Entscheidungen internationaler Gerichtshöfe im Zusammenhang mit der Ukraine

Die Ukraine bekämpft die russische Invasion auch mit rechtlichen Mitteln. Februar/ März 2022

Nur zwei Tage nach Beginn des Krieges, am 26. Februar 2022, reichte die Ukraine beim Internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag, dem Hauptrechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen, einen Antrag auf Einleitung eines Verfahrens gegen die Russische Föderation wegen «einer Streitigkeit … über die Auslegung, Anwendung und Erfüllung der Konvention von 1948 über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes» ein. In ihrem Antrag behauptet die Ukraine unter anderem, dass «die Russische Föderation fälschlicherweise behauptet hat, dass in den Oblasten Luhansk und Donezk der Ukraine Völkermord stattgefunden hat, und auf dieser Grundlage die so genannte ‘Donezker Volksrepublik’ und die ‘Luhansker Volksrepublik’ anerkannt hat, und dann eine ‘besondere Militäroperation’ gegen die Ukraine erklärt und durchgeführt hat».

Am 16. März 2022 gab der IGH dem Antrag der Ukraine statt und verfügte die folgenden vorläufigen Maßnahmen:

(1) Die Russische Föderation stellt die am 24. Februar 2022 begonnenen militärischen Operationen auf dem Gebiet der Ukraine unverzüglich ein;

(2) Die Russische Föderation stellt sicher, dass alle militärischen oder irregulären bewaffneten Einheiten, die von ihr geleitet oder unterstützt werden, sowie alle Organisationen und Personen, die ihrer Kontrolle oder Leitung unterstehen, keine Schritte unternehmen, die die in Punkt (1) genannten militärischen Operationen fördern; und

(3) Beide Vertragsparteien unterlassen alle Handlungen, die den Streit vor dem Gerichtshof verschärfen oder ausweiten oder seine Beilegung erschweren könnten.

Darüber hinaus beantragte die Ukraine am 28. Februar 2022 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einstweiligen Rechtsschutz und ersuchte darum, der Regierung der Russischen Föderation gemäß Artikel 39 der Geschäftsordnung des Gerichtshofs dringende einstweilige Maßnahmen in Bezug auf «massive Menschenrechtsverletzungen, die von den russischen Truppen im Zuge der militärischen Aggression gegen das souveräne Hoheitsgebiet der Ukraine begangen werden», aufzuzeigen.

Am 1. März 2022 beschloss der EGMR, die russische Regierung aufzufordern, militärische Angriffe auf Zivilisten und zivile Objekte, einschließlich Wohnhäuser, Rettungsfahrzeuge und andere besonders geschützte zivile Objekte wie Schulen und Krankenhäuser, zu unterlassen und unverzüglich die Sicherheit der medizinischen Einrichtungen, des Personals und der Rettungsfahrzeuge innerhalb des von den russischen Truppen angegriffenen oder belagerten Gebiets zu gewährleisten (Pressemitteilung EGMR).